Leseprobe

Einen Rotwein bitte …


„Einen Rotwein bitte.“
„Kommt sofort!“
„Was für einen habt ihr da?“
„Einen Französischen Landw…“
„…ah, französisch ist gut. Einen trockenen, kräftigen, roten Topwein, der nichts an vollmundiger Frucht mit dezenter Säure vermissen lässt.“
„Ja!?“
„Zeigen Sie mal. Aha, ein ordentlich ausgebauter einfacher, trockener, kräftiger, roter Wein, mit Balance, sieht nach 40 bis 100 Jahren alten Weinstöcken aus.“
„Wollen Sie…“
„…das ist ein guter Begleiter zu Fleisch und Käse.“
„Genau. Bitte ihr Glas. Wohl bekommt’s.“
„Tief dunkelrote Farbe! Wie herrlich er nach Holunder- und Waldbeer duftet. Dieser Wein muss der absoluten Oberklasse angehören. Der Abgang ist gaumenfüllend und sehr nachhaltig.“
„Wenn Sie es sagen …“
„… ich wage es noch vollmundig zu behaupten, dass er auch nach Brombeeren duftet, mit angenehmen Tanninen.“
„… die meisten trinken ihn mit Cola gemischt, als Schoppen.“
„Der Wein ist dafür zu schade. Er besticht durch ein angenehmes Bukett, das in ein einen samtigen vollen Fruchtkörper eingebettet ist.“
„Aha!“
„Es könnte auch ein ökologischer Wein sein der in Barrique-Fässern gelagert wurde und in geringen Produktionsmengen hergestellt wurde. Das verleiht diesem Wein etwas Besonderes. Der Geschmack ist außerordentlich intensiv, trocken und vollmundig mit einem nachhaltig kräftig samtigen Abgang.“
„Soll ich ihnen die Flasche zeigen?“
„Nein, ich bin mir 100% sicher diesen absoluten Geheimtipp auch so zu erkennen. Er ist geschmacklich identisch mit…“
„… soll ich ihnen eine Suppenterrine zum reinspucken bringen?“
„Nein, aber Sie können mir noch einen Schluck von diesem kräftigen Wein mit dem wunderbaren jugendlich frischen Ton einschenken.“
„Natürlich!“
„Herrlich wie er duftet!“
„Nach Wein?“
„Und diese hervorragende Balance zwischen Säure und Süße, der hat einen ähnlichen Charakter wie der vorige Wein…“
„…es ist der Selbe…“
„…ein wenig zu hoher Tanningehalt. Das erzeugt einen leichten pelzigen Geschmack auf der Zunge.“
„Wie gesagt, es ist die gleiche Flasche. Pelz auf der Zunge? Ich habe meinen auf dem Rücken. Das alles hier, klingt so gut wie ein Wecker am Sonntag um halb fünf an einem warmen Frühlingsmorgen.“
„Vielleicht ein Blanc de Noir? Die werden nur aus roten Trauben gekeltert.“
„Also blau ist das nicht. Der ist doch rot!?“
„Können Sie den Wein Chambrieren?“
„?“
“Den Wein auf Trinktemperatur bringen.“
„Wenn das hier eine Degustasion (Weinverkostung) werden soll, kann ich ihnen ja ein wenig Dekantieren (gemächliches Umfüllen des Weins in eine Karaffe, um ihm Sauerstoff zuzuführen oder vom Bodensatz den sogenannten Depot, zu trennen) Übrigens bin ich ein Degustationslaie für mich stinkt der nach altem Leder und zieht mir alles z'amm”,
„Echt? Nein eine Karaffe ist nicht nötig. Aber jetzt können Sie mir den Jahrgang verraten.“
„Alt, sehr alt“
„Dachte ich mir, klingt nach einem längerfristigen Witterungsverlauf einer größeren geographischen Lage. Können Sie mir den Korken geben?“
„Den habe ich schon in den Müll geworfen. Warten Sie, ich hole ihn raus.“
„Aha, ein Klassischer, elastischer, minimal atmungsaktiver Verschluss für teure Weinflaschen. Aus der Rinde der mediterranen Korkeiche. Teuer, sehr teuer.“
„Ja?“
„Sogar Weinstein ist dran. Edel …“
„Das sieht eher nach Asche aus.“
„… sehr edel. Was zahlen Sie eigentlich für die Flasche? 49,90 € oder mehr?“
„0,99 €“
„Ach was? Wo? Da fahre ich hin und hole mir ein paar Kisten.“
„Kein Problem. Den Stoff gibt’s überall bei Aldi, gleich um die Ecke …“