Leseprobe

Quellen des Glücks


Glücklich liege ich im Bett. Ich habe auf dem Flohmarkt eine seltene Schallplatte gekauft: James Brown Live in New York. Der Typ ist der Hammer. Nicht umsonst nennt man ihn den Godfather of Soul. Aus meiner Anlage hämmert fetter Rhythm and Blues. Ich bin glücklich. Der Mann erinnert mich an meine Jugend. Er ist bekannt für seine mitreißenden Live-Auftritte mit seiner vielköpfigen Band, die meist durch Tänzer und Tänzerinnen ergänzt wird. Ich mag seine lebhafte, fieberhafte Art zu tanzen und seiner Fähigkeit, mit dem Publikum in direkten Kontakt zu treten. Jetzt ist es soweit, dieser Superstar spielt beim Zeltfestival im Volkspark. Da muss ich hin!


Doch die Allerbestespinnt und zickt durch’s Haus. Sie will nicht zum Konzert des Godfather of Soul gehen. „Wenn einer Frauen wie Tiere behandelt und Lieder wie This is a man’s World schreibt, dann muss man den nicht auch noch auf der Bühne herumhampeln sehen“. Die allerbeste Ehefrau ist wütend. Ich kann sie nicht verstehen, immerhin sind wir mit der Musik alt geworden…


„Alt? Du bist vielleicht alt! Ich fühle mich jung!“ Sex Maschine hat dir doch immer gefallen“, versuche ich sie umzustimmen, „immerhin ist er einer der bedeutendsten und erfolgreichsten schwarzen Musiker der Pop-Geschichte.“ Doch sie bleibt hart. „Was für ein Beispiel bist du deinen Kindern, wenn du einem zujubelst, der wegen unerlaubtem Drogen- und Waffenbesitzes im Knast war und mit dem Titelsong zu dem Prügel-Film Rocky IV (Livin' in America), sein Geld verdient hat.“ Eigentlich hat sie Recht. Wir beschließen beide, an diesem Abend etwas anderes zu unternehmen und dem Musik-Macho kein Geld hinterherzuschmeißen. Sie geht mit Adelheid ins Kino und ich mit Crunch ein Bier trinken. Wir bestellen zwei Pils. Es ist voll und heiß. „Stell das Handy ab, sonst ruft sie an und hört, wo du das Bier trinkst“, sagt Crunch. Er ist ein guter Freund und will nur mein Bestes. Ich stelle es ab und schon geht es los. Eine hervorragende Band legt mit einem ausgedehnten Bläsersatz los und begrüßt drei Gospelsängerinnen samt Zeremoniemeister: „Are you ready for some superdynamite“, schreit dieser ins Mikrofon und schon dreht der 72-jährige eine Pirouette auf der Bühne. Wir sind dabei! Bei der Soullegende James Brown. Ich habe wieder einmal Gänsehaut. Ich denke an meine Jugend. An die schönen Stunden, als Sex noch ein Abenteuer war. Anscheinend geht es hier allen so. Die Stimmung ist gut. So gut, dass ich ein schlechtes Gewissen bekomme. Vielleicht hätte ich die Allerbeste doch überreden sollen, mitzukommen. Ihr Handy ist abgestellt. Na klar, sie sind im Kino. Auf der Bühne ist der Teufel los. Der Meister gibt alles. Bei Sex Maschine holt er sich zwei Groupies auf die Bühne. Sie hatten ihm ihre BH’s vor die Füße geworfen. Die beiden tanzen ekstatisch und fallen dem Meister um den Hals. „Du, Wolfi, die eine sieht deiner Allerbesten sehr, sehr ähnlich.“ Er hat Recht, es ist die Allerbeste! Wie in einem schlechten Film leckt sie dem Macho vor all den Leuten den Schweiß vom Gesicht. Was für ein Glück, es ist keine Live Übertragung, sonst würde sie sich vor einem Millionenpublikum lächerlich machen. Und vor ihren Kindern. Was für ein Beispiel ist sie ihren Kindern, wenn sie einem zujubelt, der wegen unerlaubtem Drogen- und Waffenbesitz im Knast war und mit dem Titelsong zu dem Prügel-Film Rocky IV (Livin' in America), sein Geld verdient hat? Ich habe Gänsehaut ….


Fortsetzung im Buch