Vorwort von Nick Jackob

Was die Welt Rumänien zu verdanken hat.
Eine humoristische Betrachtung anstelle eines Vorwortes.


Rumänien, 237.000 Quadratmeter Naturschönheit und kulturelle Herrlichkeit in einem lauschigen Winkel Südosteuropas. Hier sagen sich noch Marderhund und Steppeniltis gute Nacht, hier grasen Skinken und Blindmäuse durch die wilde Walachei und Mufflons bevölkern die Hänge des stolzen Moldoveanu, der 2543 Meter in den Himmel ragt. Rumänien, von der Donau durchflossen und vom Meer geküsst, Land der Edelkastanien und Walnüsse, mondäner Badeort römischer Kaiser und Heimat mystischer Fledermausmenschen. Wem klingen nicht die Ohren, wenn er von den Karpaten hört und von Siebenbürgen, von Transsylvanien und dem Schwarzen Meer? Wer denkt da nicht an die weiße Pracht klirrend kalter Winter und sonnendurchflutete Hügellandschaften in goldenen Sommern? Wer denkt da nicht an finstre Festen in dunklen Forsten, in denen untote Grafen ihr Unwesen treiben? Schon die alten Daker, Vorfahren der heutigen Rumänen, wussten um die grandiose Kulisse dieses Landes. Später zog es Ungarn und Deutsche nach Rumänien, Serben und Türken.
Und wie reich hat dieses Land die Welt beschenkt: Wer kennt sie nicht, die vielen berühmten Gewichtheber mit ihren ernsten, rotwangigen Gesichtern und ihren fröhlichen Herzen? Wer kennt nicht jene adretten, schnurrbärtigen Leichtathletinnen, das Rückgrat der rumänischen Armee? Oder jene mikroskopisch kleinen Bodenturnerinnen, die durch eine Laune der Natur mit 29 noch aussehen wie 13jährige und die uns mit ihren akrobatischen Kunststückchen alle vier Jahre bei der Olympiade erfreuen? Wer kennt nicht Nadia Comaneci, den Flummi aus Onesti, eine der erfolgreichsten Athletinnen in der Geschichte des Kunstturnens? Oder wer kennt nicht Peter Maffay, die rumänische Wanderwarze, der eigentlich Peter Alexander Makkay heißt und in Kronstadt geboren wurde? Wer kennt nicht den Geigenvirtuosen George Enescu oder Eugène Ionesco, den Meister des absurden Theaters. Wer kennt nicht Vasile Alecsandri, den Lyriker und Dramatiker, oder Mihail Eminescu, den Romantiker, und Ion Luca Caragiale, den bürgerlichen Satiriker?
Wenn man an Rumänien denkt, dann denkt man als Deutscher auch an die vielen sächsischen Auswanderer, die den Verheißungen von einem besseren Leben gefolgt sind und das zerstrittene und darbende Deutsche Reich vor vielen Hundert Jahren verließen, um sich in jenem südöstlichen Zipfel Europas niederzulassen. Sie kultivierten die Böden, bauten Burgen und Kirchen und gründeten Städte; Städte wie Hermannstadt, geprägt von Textilindustrie und Landmaschinenbau, Sitz zweier Bischöfe - und Heimat Wolfgang Kleins. Wenn man sich betrachtet, was die Welt Rumänien zu verdanken hat, kommt man nicht umhin, diesen Genius der zivilisierten Thekenplauderei, diesen meisterhaften Schwadroneur und lustvollen Erzähler zu erwähnen. Und doch unterscheidet ihn etwas von den meisten zuvor geschilderten Geschenken Rumäniens an die Welt: Wolfgang Klein ist gewissermaßen ein Re-Import, er stammt von rumänischen Deutschen ab, wurde in Rumänien geboren, sozialisiert, entjungfert und verheiratet und kam nach Deutschland, um hier insbesondere die Stadt Mainz mit seinen Ideen und seiner Tatkraft zu beschenken. Wolfgang Klein, das ist genealogisch betrachtet so etwas wie der Peter Maffay der Mainzer Literaturszene. Was hat der Mann nicht alles schon in seinem Leben betrieben: Das kultige Caveau, das lauschige Quartier und nicht zuletzt eine ungemein produktive Schreibwerkstatt. Wolfgang Klein schreibt Geschichten wie andere Leute Einkaufzettel. Man fragt sich, woher der Mann soviel Zeit hat. Oder vielmehr: Woher der Mann so viele Ideen, so eine flüssige Schreibe und so viel Lust auf Text hat. Bereits zwei Bände randvoll mit ironischen, schwarz-humorigen, rasend schwatzhaften und nicht zuletzt teils recht feuchten Geschichten hat er fertig gestellt - nun liegt der dritte und vorläufig letzte Band in dieser Reihe vor. Der Titel: "Stadtmenschen".
Es ist nicht möglich, die Vielfalt der darin enthaltenen Aspekte auch nur annähernd erschöpfend zu umreißen, daher nur einige Schlaglichter: In Wolfgang Kleins Wohnzimmer landen regelmäßig Airbusse. Er verbringt große Teile seines Lebens auf der Toilette. Er hat ein Peniskop, mit dem der adipöse Kraftmensch sein gewichtsbedingt nicht frei zugängliches Gemächt betrachten kann. Er war aus Solidarität schon mehrmals schwanger und ist seit mehreren Jahren im neunten Monat. Er hat kein Glück mit Betten. Er ernährt sich von Averna oder Jägermeister bzw. von beidem. Er kann mit toten Diktatoren auf übersinnliche Weise kommunizieren. Er liegt gern auf der feuchten Seite. Er lässt sich in heißen Nächten von senilen Sexmonstern die Haare abrasieren. Er leitet seine Lebensphilosophie nicht von Fred Astaire sondern von Charles Bukowski ab. Neugierig geworden auf diesen aufregenden Mann und seine skurrilen Geschichten? Dann rein mit ihnen, aber halten Sie sich fest: So was haben Sie bestimmt noch nicht erlebt! Und stellen sie sich ein paar Bier und eine Flasche Jägermeister kalt. Sie werden es brauchen!